Tipps für Lehrpersonen von Kindern mit Hörimplantaten
Die Funktion des Hörimplantats überprüfen, eine geeignete Lernumgebung schaffen, sinnvoll nachfragen: Mit ein paar einfachen Tricks und Ideen können Lehrpersonen Kinder mit Hörimplantaten im Schulunterricht unterstützen und ihnen das Lernen angenehmer machen.
Dass Kinder mit Hörimplantaten die Ausführungen in der Schulklasse akustisch mühelos verstehen, ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie dem Unterricht auch kognitiv und inhaltlich folgen können. Störende Geräusche etwa erschweren die Konzentration, was sich negativ auf die schulische Entwicklung von Kindern auswirken kann. Das gilt im Übrigen für das Erlernen des Schulstoffs ebenso wie für der Erwerb sozialer Kompetenzen beim Spielen am Schulhof – gerade dort, wo es laut zugeht, besteht das Risiko, dass Kinder mit Hörimplantaten wichtige Informationen, Aufgaben oder Hinweise falsch interpretieren oder gar nicht mitbekommen, was zu Missverständnissen und unangenehmen Situationen führen kann. [1]
Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, dass Lehrkräfte, die mit hörimplantierten Kindern arbeiten, sowohl über die genutzten Hörsysteme als auch Strategien zur Unterstützung und Integration dieser Kinder in eine Klasse mit normalhörenden Gleichaltrigen Bescheid wissen. Kleine Veränderungen können eine große Wirkung entfalten und Kindern mit Cochlea-Implantaten nachhaltig dabei helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Auffälliges Verhalten: Problem mit dem Hörsystem?
Eines vorweg: Wenn Kinder mit Hörimplantaten den Unterricht stören, sich nicht wie üblich benehmen und durch herausforderndes Verhalten auffallen, kann das mitunter auf ein technisches Problem zurückzuführen sein. Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit Hörverlust in der Schule häufiger durch “störendes” Verhalten auffallen als normalhörende Gleichaltrige. [2,3,4,5]
Das heißt jedoch nicht, dass ein Problem mit dem Hören bzw. dem Hörsystem zwangsläufig zu „auffälligen“ Verhalten führt. Oder anders ausgedrückt: Auch unauffälliges Verhalten kann auffällig sein. Manche Kinder neigen dazu, nicht darauf aufmerksam zu machen, wenn ein technisches Problem mit Ihrem Implantat besteht, und sich stattdessen möglichst still und passiv zu verhalten.
Machen Sie sich mit dem Hörsystem vertraut
Je besser Sie sich mit dem Hörsystem des Kindes in Ihrer Klasse auskennen, desto eher können Sie technische Störungen oder Ausfälle erkennen und beheben. Holen Sie sich fachliche Information, wo immer Sie diese bekommen können – von den betroffenen Kindern, ihren Erziehungsberechtigten oder Fachleuten wie Audiolog*innen, Gehörlosenpädagog*innen oder Akustiker*innen.
Auch im Internet gibt es etliche Plattformen und Informationsseiten zu Hörsystemen. Je genauer Sie im Vorfeld wissen, um welche Art von Implantat-System es sich handelt, desto gezielter können Sie sich online informieren.
Überprüfen Sie die Implantat-Funktion regelmäßig
Machen Sie den Implantat-Check zur täglichen Routine am Unterrichtsbeginn. Eine schnelle Überprüfung samt gegebenenfalls erforderlichem Batteriewechsel kann Fehlfunktionen in vielen Fällen vorbeugen. [6]
Die Batterien und Akkus des Audioprozessors haben Laufzeiten, die im Normalfall locker für einen Schultag ausreichen. Dennoch kann es nicht schaden, vorbereitet zu sein: Sprechen Sie mit den Eltern und bitten Sie sie, eine Packung Ersatzbatterien bei Ihnen zu deponieren. Lassen Sie sich zeigen, wie Sie die Batterie des Audioprozessors wechseln, damit Sie das Kind dabei unterstützen können.
Dennoch sollten die Schüler*innen dafür sensibilisiert werden, Probleme mit dem Hörsystem eigenständig in Angriff zu nehmen und sich ohne Zögern zu melden, wenn Sie bemerken, dass mit dem Hören gerade etwas nicht stimmt. Je älter die Schulkinder sind, desto mehr Selbständigkeit darf vorausgesetzt werden – gerade bei jüngeren Kindern empfiehlt es sich aber, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob das System einwandfrei funktioniert.
Schritt für Schritt durch den Schnellcheck:
1. Überprüfen Sie den Batteriestand.
2. Checken Sie, ob Lautstärke und Hörprogramm richtig eingestellt sind.
3. Kontrollieren Sie das Spulenkabel auf Risse oder Sprünge.
4. Berichten Sie Ihre Beobachtungen den Eltern und/oder betreuenden Fachleuten.
Optimale Umgebung für Kinder mit Hörimplantaten
In einer ruhigen Umgebung können Kinder mit Hörimplantaten dem Unterricht besser folgen. Klingt logisch – nur ist es in einem Klassenzimmer mit vielen Kindern selten leise. Wir haben deshalb einige konkrete Tipps zusammengetragen, die sich im täglichen Unterrichtsbetrieb einfach umsetzen lassen:
Reduzieren Sie durch Geräte (Computer, Projektoren, Ventilatoren, Klimaanlage, …) ausgelöste Hintergrundgeräusche, soweit möglich, und schließen Sie die Fenster.
Sprechen Sie mit der Schulleitung darüber, wie der Raum akustisch modifiziert werden kann – etwa durch Akustikpaneele, die verhindern, dass Schall von Wänden und Decke reflektiert wird und so ein Echo entsteht. Eine günstige und rasche Lösung können Stoffe (z. B. Tischtücher, Vorhänge, Gardinen) und kleine Teppiche bieten, die am Boden und den Wänden platziert werden. Außerdem sollten Stuhl- und Tischbeine unten mit Filz abgeklebt werden, damit beim Verrücken kein störendes Nebengeräusch entsteht. Ein Drehstuhl macht es dem mit Hörimplantat versorgten Kind leichter, sich schnell einer sprechenden Person oder anderen Geräuschquelle zuzuwenden. Ein ruhiger Sitznachbar und eine möglichst große Entfernung zu besonders lauten Klassenkamerad*innen sind ebenfalls von Vorteil.
Externe Hörhilfen sind eine wertvolle Unterstützung
Externe Hörhilfen gibt es mittlerweile für jedes Hörimplantat-System. Sie verbinden den Audioprozessor des Implantat-Systems mit externen Audiogeräten (Mikrofonen, Induktionsanlagen, FM-Systemen, …), um Sprache oder Musik über größere Distanzen und in lauten Umgebungen direkt „auf das Ohr“ zu übertragen. Der Nutzen von externen Hörhilfen (auch ALDs, assistive listening devices) für den Schulunterricht ist vielfach wissenschaftlich untersucht und bestätigt. [7]
Im Falle eines Frontalvortrags ist die Sache einfach: Die Lehrperson kann direkt in das Mikrofon sprechen, das den Ton kabellos an den Audioprozessor des Schulkinds sendet. Bei interaktiven Gruppenarbeiten kann wie folgt vorgegangen werden: Ist ein Soundfield-System vorhanden, wird der Transmitter einfach jeweils an jene Person weitergereicht, die gerade am Wort ist.
Es gibt ganz unterschiedliche Technologien und Zubehörgeräte zur Verbindung des Implantat-Prozessors mit externen Audioquellen. Hier finden Sie eine Übersicht über sämtliche Anschlussmöglichkeiten mit MED-EL Audioprozessoren, inkl. AudioLink samt seinem integrierten kabellosen Fernmikrofon.
Geringfügige Anpassungen des Unterrichts
Das ideale Signal-Rausch-Verhältnis für gutes Sprachverständnis im Klassenzimmer liegt bei mindestens + 15 dB. [8] Das bedeutet, dass die Stimme der Lehrperson mindestens 15 dB lauter sein muss als der vorhandene Hintergrundlärm. Dass diese Differenz nicht durch ein Anheben der Stimme, sondern durch ein Absenken des Hintergrundlärms erreicht werden sollte, dürfte auf der Hand liegen.
Machen Sie allen Kindern in der Klasse bewusst, dass es wichtig ist, während der Schulstunden leise und aufmerksam zu sein. Formulieren Sie gemeinsam mit den Kindern einfache Regeln, die Sie in der Klasse aufhängen.
Schüler*innen mit Hörimplantat sollten möglichst weit entfernt von inneren (Elektrogeräte, z. B.) und äußeren Lärmquellen (Verkehr, z. B.) sitzen. Sie sollten nicht nur nahe an der Lehrperson sitzen, sondern auch direkten Sichtkontakt haben, um bei Bedarf Wörter von den Lippen ablesen zu können. Wenden Sie sich stets den Kindern zu, damit die Schüler*innen zusätzlich zum Gesprochenen Ihre Körpersprache (Haltung, Mimik, Gestik) wahrnehmen können.
Weitere hilfreiche Tipps für den Unterricht mit hörimplantierten Schulkindern:
- Rhythmisch und klar sprechen
- Nicht speziell laut sprechen – dies kann die Stimme verzerren und das Verstehen erschweren
- Gesprochene Inhalte visualisieren (z. B. mit einem White- oder Smartboard)
- Neue Themen einleiten
- Behandelte Themen, Termine und Hausaufgaben an die Tafel schreiben
- Schüler*innen ermutigen, nachzufragen, falls etwas nicht gehört bzw. verstanden wurde
- Immer wieder aktiv überprüfen, ob alles verstanden wurde (die Kinder sollen den Inhalt in ihren eigenen Worten wiederholen)
- Kinder immer gezielt mit ihrem Namen ansprechen
- Vor dem Abspielen von Videos kurz deren Inhalt zusammenfassen
- Video-Untertitel aktivieren
- Bei Tonaufzeichnungen, Liedern oder Hörbeispielen ein Transkript zum Mitlesen zur Verfügung stellen
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Referenzen
- Van Der Straaten, T. F. K., Rieffe, C., Soede, W., Netten, A. P., Dirks, E., Oudesluys-Murphy, A. M., Dekker, F. W., Böhringer, S., & Frijns, J. H. M. (2020). Quality of life of children with hearing loss in special and mainstream education: A longitudinal study. International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology, 128, 109701.
- Barker, D. H., Quittner, A. L., Fink, N. E., Eisenberg, L. S., Tobey, E. A., & Niparko, J. K. (2009). Predicting behavior problems in deaf and hearing children: The influences of language, attention, and parent–child communication. Development and Psychopathology, 21(2), 373-392.
- Bigler, D., Burke, K., Laureano, N., Alfonso, K., Jacobs, J., & Bush, M. L. (2018). Assessment and treatment of behavioral disorders in children with hearing loss: A systematic review. Otolaryngology–Head and Neck Surgery, 160(1), 36-48.
- Hall, W. C., Li, D., & Dye, T. D. (2018). Influence of hearing loss on child behavioral and home experiences. American Journal of Public Health, 108(8), 1079-1081.
- Stevenson, J., McCann, D., Watkin, P., Worsfold, S., & Kennedy, C. (2009). The relationship between language development and behaviour problems in children with hearing loss. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 51(1), 77-83.
- Blair, J. C., & Langan, L. (2000). Can you hear me? A longitudinal study of hearing aid monitoring in the classroom. Journal of Educational Audiology, 8, 34-36.
- Zanin, J. & Rance, G. (2016). Functional hearing in the classroom: assistive listening devices for students with hearing impairment in a mainstream school setting. International Journal of Audiology, 55(12), 723-729.
- Smaldino, J., & Flexer, C. (2014). Acoustic accessibility: Room acoustics and remote microphone use in home and school environments. Pediatric audiology: Diagnosis, technology, and management, 255-267.
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