MED-EL
Veröffentlicht Dez 18, 2025
Zukunft des Cochlea-Implantats: Experten erörtern die Machbarkeitsstudie zum vollständig implantierbaren Cochlea-Implantat (TICI)
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre und Prof. Dr. Joachim Müller berichten über ihre Erfahrungen als Leiter der Machbarkeitsstudie zum vollständig implantierbaren Cochlea-Implantat (TICI) von MED-EL. Diese bahnbrechende Technologie integriert sämtliche Komponenten eines Cochlea-Implantats (Audioprozessor, Mikrofon und Batterie) in einem einzigen Gerät, das zur Gänze unter der Haut sitzt.
Mit der Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie zum vollständig implantierbaren Cochlea-Implantat (TICI, Totally Implantable Cochlear Implant) Anfang des Jahres wurde ein wichtiger Meilenstein in der Behandlung von Hörverlust erreicht. Wir haben die leitenden Forscher der Studie, Prof. Dr. Philippe Lefèbvre, Leiter der HNO-Abteilung am Centre Hospitalier Universitaire in Lüttich, und Prof. Dr. Joachim Müller, Leiter der Abteilung für Otologie und Cochlea-Implantate an der Ludwig-Maximilians-Universität München, interviewt.
Teilweise implantierbare vs. vollständig implantierbare Cochlea-Implantate
MED-EL: Es freut und ehrt uns, dass Sie beide sich Zeit für unser Gespräch nehmen. Worin bestehen allgemein die Vorteile eines vollständig implantierbaren Systems?
Philippe Lefèbvre (PL): Der größte Vorteil für Patienten ist, dass nichts von außen sichtbar ist. Man kann das System unter allen Bedingungen verwenden, zum Beispiel beim Schwimmen, Duschen, Sport, beim Motorradfahren mit Helm, beim Skifahren usw. Es ist so, dass manche geradezu vergessen, dass sie ein Gerät nutzen – das ist einer der wichtigsten Vorteile.
Joachim Müller (JM): Vollständig implantierbare Geräte ermöglichen es dem Patienten, in allen Lebenssituationen zu hören. Wir haben von Patienten mit vollständig implantierbaren Geräten erfahren, dass sie sich dadurch normaler fühlen und dass diese Geräte bestimmte Situationen abdecken können, in denen externe Geräte nur eingeschränkt einsetzbar sind.
„Wir haben gelernt, dass Aspekte der Ästhetik weniger wichtig sind als die vielen Situationen, in denen Patienten rund um die Uhr – auch nachts – hören müssen, wenn sie in ihrem Beruf Bereitschaftsdienst haben. Sie können in Situationen hören, in denen ein semi-implantierbares Cochlea-Implantat nicht getragen werden könnte.“
Prof. Dr. Joachim Müller
Das hat Auswirkungen auf die Berufswahl und die berufliche Entwicklung. Es ist ein Traum, den wir seit den 1970er-Jahren haben. Und es ist ein Traum für viele Menschen mit Hörverlust: näher an die „Normalität“ heranzukommen. Mit Blick auf die in Europa gültigen gesetzlichen Regelungen für Menschen mit Behinderung sind wir mit diesem Gerät noch näher an einer normalen Hörsituation.
PL: Ich möchte noch etwas ergänzen: Es ist natürlich wichtig für den Beruf, aber ein anderer Kontext ist noch wichtiger: die Familie. Nehmen wir an, Sie haben ein kleines Kind, das nachts weint. Wenn Sie ein vollständig implantierbares Gerät haben, das eingeschaltet ist, werden Sie aufwachen und aufstehen, um nach dem Kind zu sehen. Es verändert also einiges in Bezug auf das Familienleben.
„Es macht das Leben fast normal, man muss lediglich einmal am Tag oder sogar nur alle zwei Tage daran denken, es aufzuladen. Das hat einen großen Einfluss sowohl auf den Beruf als auch auf die Familie."
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
JM: Das stimmt. Und es ist auch eine Veränderung für uns als Fachleute. Was wir von Patienten darüber erfahren haben, dass sie mit dem TICI rund um die Uhr hören können, hat unsere Sichtweise auf Hörsituationen verändert, die früher vielleicht als nicht so wichtig eingestuft wurden. Früher waren wir froh, wenn wir mit einem semi-implantierbaren Cochlea-Implantat einen Teil des Hörvermögens wiederherstellen und offenes Sprachverstehen ermöglichen konnten. In Bezug auf Lebensqualität gibt es Situationen, die schwer zu erfassen und zu messen sind. Wir haben den Eindruck, dass Patienten, die das moderne TICI erhalten haben, persönliche Verbesserungen ihrer Lebensqualität feststellen, die wir noch nicht zu messen vermögen – das ist eine neue Dimension, die wir nun wissenschaftlich erforschen wollen.
PL: Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ein Patient einmal sagen würde: „Wow, das ist fantastisch, jetzt kann ich mich auch beim Schwimmen mit anderen unterhalten!“ Das ist eindeutig ein Vorteil.
MED-EL: Es scheint also klar zu sein, dass Eltern mit Babys sowie Menschen in bestimmten Berufen mit nächtlichem Bereitschaftsdienst, etwa Feuerwehrleute oder medizinisches Personal, wirklich vom TICI profitieren können. Gibt es noch andere Personengruppen, die konkrete Vorteile davon haben könnten, ein TICI anstelle eines semi-implantierbaren Cochlea-Implantats zu nutzen?
PL: Ich denke, da gibt es keine Ausnahme. Jede Person, die die Kriterien für ein CI erfüllt, kann davon profitieren. Das TICI ist nicht nur für bestimmte Berufsgruppen gedacht – es ist für jeden geeignet, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Ergebnisse jenen eines externen Audioprozessors sehr ähnlich sind.
JM: Dem stimme ich zu. Grundsätzlich kann jeder Cochlea-Implantat-Kandidat von einem vollständig implantierbaren Gerät profitieren. Wir stehen allerdings noch am Anfang dieser neuen Ära und haben bislang etwa fünf Jahre Erfahrung mit dem TICI. Daher wäre ich vorsichtig damit, jedem Kandidaten eines zu implantieren.
„Wir haben aus der Studie gelernt und ich würde aus den Erkenntnissen schließen, dass ein guter Kandidat für ein Cochlea-Implantat auch ein guter Kandidat für ein TICI ist. Patienten mit bestimmten Einschränkungen könnten aber etwas mehr Schwierigkeiten haben, das Hören mit dem TICI zu erlernen.“
Prof. Dr. Joachim Müller
Mit wachsender Erfahrung werden wir in der Zukunft mehr darüber sagen können. Bislang lautet unser Fazit, dass es überraschend gut funktioniert und unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen hat.
PL: Das sehe ich genauso. Für jemanden, der die Voraussetzungen für ein Cochlea-Implantat gänzlich erfüllt und ein TICI haben möchte, ist es unabhängig vom Beruf von Vorteil. Es ist am besten, mit den normalen, klassischen Indikationen zu beginnen. Auf dieser Grundlage werden wir weitere Erkenntnisse gewinnen und die Indikation gegebenenfalls erweitern.
MED-EL: Wenn wir in die Zukunft blicken, in der es künftige Generationen von TICIs geben wird – glauben Sie, dass vollständig implantierbare Cochlea-Implantate eines Tages alle Standard-Cochlea-Implantate mit externen Prozessoren ersetzen werden?
PL: Solche Prognosen sind schwierig, aber ich denke, dass die Antwort wahrscheinlich „ja“ lautet – mit einigen Ausnahmen, in denen man die semi-implantierbare Variante beibehalten wird.
JM: Wir können die Zukunft nicht vorhersagen. Es ist zwar nett, darüber zu spekulieren, was wir einmal haben könnten, aber ich bin ziemlich zufrieden mit dem, was ich jetzt habe. Wenn man sich in der Welt umschaut und unterschiedliche Länder, soziale Rahmenbedingungen und Fähigkeiten von Chirurgen betrachtet, wird es weiterhin einen Platz für semi-implantierbare Cochlea-Implantate geben. Wir haben die Frage der Kostenerstattung noch nicht gelöst, aber wer weiß, was die Zukunft bringen wird.
„Wir erwarten weitere Verbesserungen von MED-EL für die nächste TICI-Generation. Dennoch war es bei Cochlea-Implantaten schon immer so, dass diejenigen, die sich für die zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbare Technologie entschieden haben, mehr davon profitieren als diejenigen, die abwarten.“
Prof. Dr. Joachim Müller
Operation und audiologische Anpassung
MED-EL: Kommen wir zur Chirurgie. Inwiefern unterscheidet sich die TICI-Implantation von der Implantation eines Standard-Cochlea-Implantats?
PL: Eigentlich nur durch die Platzierung des Mikrofons. Und noch ein paar Kleinigkeiten – aber für erfahrene CI-Chirurgen ist das kein großes Problem. Es gibt ein paar Dinge, die man wirklich beachten muss, aber im Wesentlichen ist es nicht schwieriger als eine reguläre CI-Operation.
JM: Wie Philippe bereits sagte, muss man beim Mikrofon etwas mehr aufpassen, und das Implantat ist etwas größer, sodass die Operation länger dauert, wie wir in der Studie gesehen haben. Letztendlich kommt es auf Präzision an, um die zusätzlichen Schritte in der richtigen Reihenfolge durchzuführen. Der Chirurg muss sich etwas mehr konzentrieren. Uns sollte bewusst sein, dass der Patient das Gerät über einen langen Zeitraum oder sogar sein ganzes Leben lang tragen wird. Das müssen wir bei der Operation im Hinterkopf behalten.
PL: Da stimme ich vollkommen zu. Wenn man gute Ergebnisse erzielen möchte, ist die Platzierung des Mikrofons ein wichtiger Schritt. Auch das Entfernen der Muskeln über der Membran ist entscheidend. Wenn man diese Schritte nicht ordnungsgemäß ausführt, sind die Ergebnisse nicht so gut. Für erfahrene Chirurgen ist das jedoch keine große Schwierigkeit.
MED-EL: MED-EL Cochlea-Implantate ermöglichen es, die gesamte Cochlea zu stimulieren und zugleich die sensiblen Strukturen in der Cochlea zu erhalten. Ist das mit dem TICI ebenfalls möglich?
JM: Ich bin sehr froh, dass ich bei der Machbarkeitsstudie die FLEXSOFT Elektrode mit einem TICI verwenden konnte, um diesen beiden wichtigen Aspekten Rechnung zu tragen.
„Das TICI nutzt alle Formen der Sprachkodierung, die mit dem SYNCHRONY 2 zur Verfügung stehen, und wir machen natürlich von allen aktuellen Features Gebrauch – von der tiefen Insertion bis hin zu den Sprachkodierungsstrategien.“
Prof. Dr. Joachim Müller
Was wir bei den Patienten im einjährigen Testintervall beobachten, ist, dass es keinen Unterschied zwischen dem unsichtbaren Modus und dem Modus mit dem Hinter-dem-Ohr-Prozessor gibt. Das ist überraschend. Es unterscheidet sich völlig von dem, was wir aus der Literatur und aus Berichten über andere vollständig implantierbare Geräte wissen. Dieser deutliche Unterschied ist das Ergebnis der Technologie und der Ingenieurskunst von MED-EL.
Das TICI macht nur Sinn, wenn wir im Sprachverstehen keine Unterschiede zwischen dem Hinter-dem-Ohr-Prozessor und dem unsichtbaren Modus haben. Vor 15 Jahren saß ich im Rahmen einer Konferenz mit jemandem beim Frühstück, der einen TICI-Prototyp eines anderen Herstellers nutzte. Er vermied es allerdings, den unsichtbaren Modus des TICI zu verwenden, weil das Sprachverstehen damit so schlecht war, dass er nicht viel verstehen konnte.
PL: Ich möchte hinzufügen, dass hinter dem TICI dieselben Elektrodenträger und dieselben Technologien stehen – nur gibt es jetzt noch mehr. Man kann die Elektroden jetzt auch motorisiert bzw. roboterassistiert platzieren, mit einer Geschwindigkeit von 0,1 mm pro Sekunde, wie wir es mittlerweile bei normalen CIs routinemäßig tun.
„Alle für semi-implantierbare CIs entwickelten Technologien können ebenso für das MED-EL TICI zur Anwendung gebracht werden, was wahrscheinlich erklärt, warum wir gleichartige Ergebnisse und Daten erhalten.“
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
Es gibt weder eine Abschwächung des Signals noch schlechtere Resultate. Wir stellen die gleich guten Ergebnisse fest. Das war für mich der bemerkenswerteste Befund – und vor allem, dass die Ergebnisse beim Hören im Störschall gleich waren. Das hatten wir so nicht erwartet.
MED-EL: Beziehen Sie sich mit der Einführgeschwindigkeit der Elektrode von 0,1 mm pro Sekunde speziell auf das OTODRIVE System, das Sie nach Abschluss der Machbarkeitsstudie bei Ihren Patienten verwendet haben?
PL: Genau. Man verwendet OTODRIVE für die Insertion, öffnet einfach die Rundfenstermembran und los geht’s. Kein Problem. Wie Joachim schon sagte, dauert es etwas länger.
„Der Patient wird sein Gerät so viele Jahre lang haben, was sind da schon 15 Minuten mehr? Es ist wichtig, dass wir uns diese Zeit nehmen.“
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
MED-EL: War es möglich, bei diesen TICI-Patienten eine anatomiebasierte Anpassung vorzunehmen?
JM: Alle diese Patienten wurden nach der Operation einer CT-Untersuchung unterzogen und wir haben bei allen automatisch eine anatomiebasierte Anpassung durchgeführt, da dies in unserer Klinik Standard ist.
PL: Ja, für mich ist die anatomiebasierte Anpassung ebenfalls das Standardverfahren. Manchmal führen wir sie manuell durch, weil wir zum Beispiel nach der Operation keine Bilder bekommen konnten. Das kommt jedoch sehr selten vor. Bei den TICI-Patienten haben wir eine anatomiebasierte Anpassung durchgeführt, sodass wir den Standardabläufen der CI-Versorgung folgten.
MED-EL: Wie viel Zeit benötigt eine TICI-Operation und wie ordnen Sie die Dauer im Vergleich zu einer Standard-CI-Operation ein?
JM: Bei uns dauerte es etwa 1,5-mal so lange wie mit einem semi-implantierbaren Cochlea-Implantat. Dies könnte an den Studienbedingungen liegen, da wir das OP-Personal schulen mussten. Wir haben außerdem einige zusätzliche Mikrofontests durchgeführt – im Allgemeinen denke ich aber, dass dieser Wert im Großen und Ganzen zutrifft.
PL: Was die Operationszeit selbst angeht, würde ich sagen, etwa zwei Stunden. Für mich ist das etwas mehr Zeit als bei einem semi-implantierbaren CI. Es braucht etwa 20 Minuten mehr für die Handhabung des Mikrofons. Und dann noch etwas Zeit für das Abflachen des Schädelknochens, das Erstellen der Rille, das Festschrauben des Mikrofons und Ähnliches. Alles, was neu ist, erfordert mehr Zeit.
JM: Was wir in der Machbarkeitsstudie und der Registrierungsstudie gesehen haben, war, dass wir eine ziemlich steile Lernkurve hatten, sodass die Zeit immer kürzer wurde. Sobald wir es öfter machen und die Abstände zwischen zwei Operationen kürzer werden, läuft alles reibungsloser.
Nachsorge bei TICI-Patienten
MED-EL: Wie lange ist es her, dass den Patienten in der Machbarkeitsstudie ein TICI implantiert wurde, und wie geht es ihnen heute?
PL: Genau fünf Jahre. Die Patienten sind nach wie vor zufrieden damit, nutzen es weiterhin und verhalten sich wie „normale“ CI-Patienten. Manchmal kommen sie mit einer kleinen Beschwerde zurück, die nichts mit dem Implantat selbst zu tun hat, aber insgesamt läuft alles nach wie vor ganz normal. Es ist tatsächlich wie mit einem herkömmlichen CI – ich würde sie deshalb einfach als semi-implantierbare und vollständig implantierbare Cochlea-Implantate bezeichnen.
JM: Bei den Patienten in München ist es genauso. Alle Implantate funktionieren einwandfrei. Es gibt keine technischen Probleme und alle Patienten sind seit fünf Jahren zufrieden. Sie äußern mitunter kleinere Beschwerden, die in Zusammenhang mit der Grunderkrankung stehen. Letztendlich funktioniert es bei allen Patienten perfekt.
„Es ist eine ganz normale CI-Nachsorge. Mit der Ausnahme, dass wir keine Probleme mit Batterien, Kabeln, Antennen oder ähnlichen Dingen haben.”
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
MED-EL: Möchten Sie uns eine Geschichte über die Arbeit mit Ihren TICI-Patienten erzählen?
PL: Der erste Patient, den ich implantiert habe, war 22 Jahre alt und stammte aus einer Familie mit genetisch bedingtem Hörverlust. Er sagte, er wolle einerseits Hilfe, könne es aber andererseits aus ästhetischen Gründen nicht ertragen, einen externen Prozessor zu tragen. Als ich ihm sagte, dass er ein TICI erhalten könne, antwortete er: „Ja, das möchte ich!“ Er war also der Erste, der es bekam, und wir hatten ein wenig Schwierigkeiten mit ihm, als wir ihm sagten, dass wir einen Vergleichstest mit dem externen Prozessor durchführen müssten, weil er den externen Prozessor nicht tragen wollte. Er war sehr glücklich mit dem TICI. Er nutzte es sofort und wollte den externen Prozessor gar nicht verwenden. Es war ihm sehr wichtig, nicht aufzufallen.
JM: Eindrücklich im Gedächtnis geblieben ist mir eine junge Frau mit einem semi-implantierbaren CI und einem TICI. Sie beschreibt die Vorteile des Hörens, wenn sie mit Freunden schwimmen geht und sich nicht länger ausgeschlossen fühlt. Sie kann in allen Situationen Gespräche führen, sie kann auch nachts hören und sie beschreibt die Klangqualität sowie die Lernaspekte als vergleichbar mit dem semi-implantierbaren CI. Nach einem Jahr war die Hörleistung in etwa gleich. Und als ich sie nach vier und fünf Jahren sah, bevorzugte sie das TICI gegenüber dem anderen CI. Sie genoss es, beim Friseur zu sein und Details des Haarschnitts besprechen zu können, ohne externe Komponenten anzulegen. Und morgens beim Duschen hörte sie gern Musik. Alle Patienten hatten ähnliche Geschichten.
Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zum vollständig implantierbaren Cochlea-Implantat
MED-EL: Wie schneidet das TICI in Bezug auf Sprachwahrnehmung und Hörergebnisse im Vergleich zu Nutzern von semi-implantierbaren Cochlea-Implantaten ab? Gibt es bemerkenswerte Unterschiede?
PL: Es gibt keine Unterschiede.
JM: Wie wir in der Machbarkeitsstudie gesehen haben, gibt es nach einem Jahr keine Unterschiede im Sprachverstehen. Bei den drei Patienten aus München haben wir einen deutschen Sprachtest mit 72 % einsilbigen Wörtern durchgeführt mit der Variabilität, die wir von allen Cochlea-Implantat-Nutzern kennen. Das Signal-Rausch-Verhältnis beim Sprachverstehen im Störschall liegt bei -2,2 dB, was ein hervorragendes Ergebnis ist – und es blieb bei allen drei Patienten über fünf Jahre stabil.
„Nach fünf Jahren stellten wir keinen Rückgang der Batteriekapazität fest, das funktioniert also perfekt – aber ehrlich gesagt haben wir das von MED-EL auch so erwartet.“
Prof. Dr. Joachim Müller
MED-EL: Wenn wir speziell über die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Lebensqualität nachdenken, wie sehen dann die Ergebnisse vor der Operation im Vergleich zu den Ergebnissen nach der Operation aus?
JM: Lebensqualität ist schwer zu messen. Wenn wir über Lebensqualität sprechen, fühlt sich jeder als Experte. Was die Lebensqualität angeht, ist für mich also noch offen, wie wir diesen Begriff definieren. Wir haben Fragebögen zur hörbezogenen Lebensqualität. Alle Patienten haben im Vergleich zur Situation vor der Operation eine Verbesserung ihres Hörvermögens, was ihre Lebensqualität erhöht. Und mit dem TICI haben sie eine zusätzliche Verbesserung, da sie 24 Stunden am Tag hören können. Die Geschichten, die wir zuvor von TICI-Nutzern gehört haben, zeigen diesen Aspekt der Lebensqualität und damit den eigentlichen Vorteil. Wie wir zu Beginn gesagt haben, erforschen wir eine neue Dimension der Hörqualität, und ich bin mir nicht sicher, ob wir über die richtigen Messmethoden verfügen, um diese zu erheben.
PL: Für mich ist das Wichtigste, zu zeigen, dass ein Patient tatsächlich die Lebensqualität bzw. die Klangqualität als besser empfindet. Die automatisch protokollierten Daten zeigen, dass der unsichtbare Modus in 90 % der Fälle genutzt wird und der externe Prozessor in weniger als 10 % der Fälle. Das ist für mich das Entscheidende.
„Das Datalogging nach einem Jahr zeigt, dass fast alle der ersten Patienten überwiegend den unsichtbaren Modus nutzen. Wir wissen jetzt, dass sie den externen Prozessor sehr selten tragen. Einige von ihnen haben ihn sogar zurückgegeben, weil sie ihn nicht brauchen. Das ist das Beste! Man kann alle möglichen Umfragen durchführen – aber diese Fakten zeigen eine eindeutige Präferenz der Patienten.“
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
Weitere Informationen zu den Hörergebnissen und der Lebensqualität finden Sie in der frei zugänglichen TICI-Machbarkeitsstudie, die in Communications Medicine veröffentlicht wurde.
MED-EL: Gibt es sonst noch etwas, das Sie im Rahmen dieses bahnbrechenden Pionierprojekts überrascht oder verblüfft hat?
PL: Die Qualität des Signal-Rausch-Verhältnisses war mit einem einzigen unter der Haut platzierten Mikrofon nicht zu erwarten. Das war wirklich beeindruckend. Es ist komplett vergleichbar mit dem externen Prozessor, der über zwei Mikrofone verfügt. Hier haben wir ein einziges Mikrofon unter der Haut und erzielen das gleiche Ergebnis! Das war schon ein kleiner Schock im positiven Sinne.
JM: Ich bin überrascht von der Leistung und von der Zufriedenheit der Patienten. Ich war außerdem begeistert von den neuen Forschungsfragen, die sich im Gespräch mit den Patienten ergaben. Das Ergebnis über fünf Jahre war eine positive Überraschung: die Resultate wie auch die Technologie waren weit besser als das, was wir aus der Literatur und aus anderen Versuchen zur Entwicklung eines unsichtbaren bzw. vollständig implantierbaren Geräts kannten.
Das vollständig implantierbare Cochlea-Implantat: Eine neue Ära der CI-Technologie
MED-EL: Wie war es für Sie, diesen wichtigen Meilenstein mit MED-EL zu erreichen?
JM: Die langjährige Zusammenarbeit und Partnerschaft mit MED-EL fortzusetzen, war eine große Freude. Dieses Gerät war das Highlight und ich bin dankbar, dass MED-EL an unseren Erfahrungen interessiert war.
„Es war mir eine Ehre, unsere Erfahrungen für die neueste Generation einzubringen, um den TICI-Traum für so viele Menschen mit Hörverlust wahr werden zu lassen.“
Prof. Dr. Joachim Müller
PL: Da stimme ich vollkommen zu. Es war ein großartiges Abenteuer und ich fühlte mich sehr geehrt, Teil Ihres Teams zu sein, das als erstes weltweit diese neue Herausforderung in Angriff genommen hat. Besonders als die Daten veröffentlicht wurden, war das ein erhebendes Gefühl. Es war eine echte Freude.
JM: Es ist beeindruckend zu sehen, wie MED-EL an ein Problem herangeht, wie strukturiert und wie detailliert es analysiert wird. Ich denke, das ist immer noch der Geist der Anfänge von MED-EL – ein Spin-off eines Universitätsprojekts von Wissenschaftlern, die daran interessiert sind, einen Zustand akademisch zu analysieren und Lösungen zu finden. Vielen Dank an MED-EL für die Umsetzung dieses Projekts! Die technischen Lösungen und die Umsetzung dieses Projekts sind viel komplexer als die chirurgischen Aspekte, zu denen wir beigetragen haben.
„Es war ein großartiges Abenteuer, an dieser enormen Leistung zur Weiterentwicklung der Technologie mitzuwirken.“
Prof. Dr. Philippe Lefèbvre
PL: Es war schön, dabei zu sein und zu sehen, dass MED-EL etwas entwickelt hat, das wir ausprobieren durften und das wirklich alle Kriterien erfüllte, die wir uns erträumt hatten. Ich erinnere mich an ein Meeting, bei dem sie uns das Produkt vorstellten und uns nach unseren Ideen fragten. Jedes Mal, wenn ich eine Frage hatte, stand die Antwort bereits auf der nächsten PowerPoint-Folie, das war wirklich großartig! Bei dem Meeting entstand die Idee, zusätzlich zur FLEX28 auch die FLEXSOFT Elektrode zu verwenden. Aber ich erinnere mich auch, dass alles andere bereits zuvor geklärt worden war, was die großartige Leistung von MED-EL unterstreicht.
MED-EL: Herr Professor Müller und Herr Professor Lefèbvre, wir möchten Ihnen für Ihre Zeit, Ihre Beiträge zu diesem Interview und zur Machbarkeitsstudie sowie für Ihr Fachwissen auf dem Weg zu diesem erstaunlichen Meilenstein danken, der den Beginn einer neuen Ära in der Cochlea-Implantat-Technologie markiert.
„Vollständig implantierbare Cochlea-Implantate sind die Zukunft der Hörtechnologie. Diese Innovation ist ein großer Fortschritt in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit, Ästhetik und Zufriedenheit und bekräftigt unser Ziel, Hörverlust als Barriere für Kommunikation und Lebensqualität zu überwinden.“
Ingeborg Hochmair
Gründerin und CEO von MED-EL
Wenngleich die vorliegende Machbarkeitsstudie vielversprechende Ergebnisse und Impulse für weitere Studien geliefert hat, befindet sich das TICI noch in der Forschungsphase und ist derzeit noch nicht für den kommerziellen Einsatz verfügbar. Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten sind jene unserer Interviewpartner. Beide Autoren der Machbarkeitsstudie sind Erstautoren und in alphabetischer Reihenfolge angeführt.
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Der Inhalt dieser Webseite dient nur zur allgemeinen Information. Es werden keine medizinischen Ratschläge gegeben. Kontaktieren Sie bitte Ihren Arzt oder Hörspezialisten und lassen Sie sich dort beraten, welche Hörlösung in Ihrem Fall geeignet ist. Nicht alle der gezeigten Produkte, Produktfunktionen oder Indikationen sind in allen Ländern zugelassen bzw. verfügbar.
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